Altes Glass - Astrographen von Zeiss, Heidenhain und Voigtländer
In
besonders schlechten Zustand war ein Holzkasten mit seltsamen Metallgestänge und völlig korrodiertem
Metallrohr. Nach viel Poliererei kam ein schön gravierter Objektivtubus aus Messingzum Vorschein mit der
Inschrift:
No. 18081
Voigtländer & Sohn
in Wien und
Braunschweig
Innerhalb
des Objektivdeckels klebte eine braune Filzscheibe mit einem
handgeschriebenen Zettel, der die Angaben auf dem
Objektivtubus ergänzt:
Petzval-Objektiv
No. 18081
F = 420mm d=80mm
F:d = 5.3
Viel Geduld war beim Zerlegen
der Kamera gefordert; besonders bei den fast
30 kleinen Messingholzschrauben aus einer sehr weichen Legierung mit
der Tendenz zum 'Kopfabdrehen'.
Rechts
neben dem Messingtubus mit dem Frontelement liegt das fokusseitige
Element, das unten im Messingtubus verschraubt ist und die typische
Konstruktionsweise eines Petzvalobjektivs ausmacht. Der Flansch links
unten verbindet den Tubus mit dem Holzkasten.
Das Kameragehäuse ist ein
handwerklich sauber gearbeiteter verzinkter Holztubus (re.). In ihm
sitzt ein
weiterer Holzkasten (li.), der ursprünglich
die Kassettenhalterung trug und zur Fokussierung verschoben werden
kann.
Von der Kassettenhalterung sind nur Reste
vorhanden. Fixiert wird der kleinere Holzkasten (und damit der Fokus)
mit der Stellschraube rechts unterhalb des Holztubus.
Das um die Optik liegende Gestänge ist am Holztubus verschraubt und
ersetzt mit einem
federbetätigten
Klappdeckel vor dem Objektiv (offensichtlich nachträglich aus Aluminium angefertigt - auch dieser
ursprünglich in 'zarter' grauer Farbe lackiert) den fehlenden Verschluß für
Langzeitbelichtungen.
Diese
seltsame Konstruktion ist also einer der Urväter der modernen
Astrographen. Das Petzval-Objektiv
war das erste 'gerechnete' Objektiv, das für die damalige Zeit eine
unglaubliche Lichtstärke von bis zu /f3.6 hatte. Die gesamte Kamera
entspricht genau dem, was aus den Anfangszeiten der Astrophotographie
bekannt ist: mangels spezieller, für die Astronomie konzipierter
Objektive wurden 'schnelle' Portraitobjektive adaptiert.
Das
Baujahr kann zwischen 1849 (Gründung von Voigtländer & Sohn in
Braunschweig) und 1898 (Umwandlung in die Voigtländer AG) gelegt
werden. Da bis 1862 bereits 60.000 Petzval-Objektive gefertigt sein
sollen deutet die Seriennummer 18081 auf ein Fertigungsdatum in den
frühen 1850iger Jahren hin. Dass die Kamera aber noch nach 1950 umgebaut
wurde und damit wohl auch noch im Einsatz war, belegt eine
Zehn-Pfennig-Münze von 1950, die als Druckstück zur besseren Fixierung
des Kassettenhalterung unter die Feststellschraube gelegt worden ist.
Auch der Aluminiumdeckel sieht eher 'neu' aus.
So schließt sich der
Kreis: einst das erste Hochleistungsobjektiv für die Astronomie - heute
sind die teuersten photographischen Refraktoren z.B. von TeleVue wieder
vom Petzval-Typ.