Arbeitsgebiet China

Region Ostasien

"Climatic Change" und sein Einfluß auf Wasserbilanzen und Erträge in China

Ergebnisse:

Einleitung

Der Einfluß einer möglichen antropogen beeinflussten Klimaveränderung auf die Agrarökosysteme ist einer der Schwerpunkte in der "Climate Change"-Diskusssion (IPCC 2001). Ein Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion in China, dem bevölkerungsreichsten Land der Erde, könnte auch Auswirkungen auf die globale Versorgungssituation haben (Harris 1996). Bisherige Tragfähigkeitsanalysen der chinesischen Landwirtschaft beruhen auf unzureichenden Klimadaten und kommen zu erheblich differierenden Ergebnissen. Flächenhafte Klimadatensätze, wie sie für Tragfähigkeitsanalysen benötigt werden, sind auch grundlegende Eingangsdaten für die unterschiedlichsten Formen quantitativer Analysen der Veränderungen von natürlichen und anthropogen beeinflußten Ökosystemen und für die Verifikation der Ergebnisse von Global Climate Modellen (GCM). Die für China vorliegenden Daten sind für detaillierte regionale Analysen weitgehend ungeeignet, da sie entweder eine zu geringe Auflösung besitzen, aus GCM-Berechnungen mit geringer Zuverlässigkeit stammen oder auf unzureichendem Datenmaterial und ungeeigneten Interpolationsmethoden beruhen.

Zielsetzung

Aus diesem Grund ist die Zielsetzung der Arbeit die Erstellung geeigneter monatlicher Rasterdatensätze des Niederschlags, der Temperatur und der potentiellen Evapotranspiration nach Penman-Monteith (PET) mit einer Auflösung von mindestens 0.25° für den Zeitraum 1951 bis 1990. Das Untersuchungsgebiet umfaßt die gesamte VR China, bezieht aber auch Klimadaten der angrenzenden Länder von 15° N bis 55° N und 65° E bis 140° E ein. Das für diesen Großraum entwickelte Regionalisierungsverfahrens REGEOTOP ist eine Variante des Verfahrens AURELHY (Benichou und Lebreton 1987). REGEOTOP integriert Arbeitsmethoden aus den Bereichen GIS, Fernerkundung, multivariate Statistik und Geostatistik und gewährleistet eine objektive, den Einfluß des Reliefs berücksichtigende Interpolation.

Methodik und Durchführung

Die Arbeit basiert auf der Sammlung chinesischer Klimadaten des Autors, die in erheblich größerem Umfang als bisherige Studien auch Stationen in Westchina und Tibet beinhaltet, sowie auf internationalen Quellen. Aus über 2000 Stationsdatensätzen wurden nach Voranalyse und Bereinigung falscher Stationszuordnungen 501 und 420 Stationsdatensätze für Niederschlag und Temperatur innerhalb Chinas sowie 261 und 371 entsprechende Stationsdatensätze außerhalb Chinas ausgewählt. Die PET wurde aus täglichen Daten für 196 Stationen innerhalb Chinas berechnet. Nach statistischen Tests und Plausibilitätsuntersuchungen zur Gewährleistung der Homogenität des Datenmaterials wurden 486 Niederschlag-, 364 Temperatur- und alle 196 PET-Stationen innerhalb Chinas sowie 186 Niederschlag- und 167 Temperaturdatensätze außerhalb Chinas für die endgültige Analyse beibehalten.
Das Regionalisierungsverfahren REGEOTOP erfaßt den Einfluß des Reliefs auf die räumliche Verteilung der Klimaparameter mit Hilfe der Ergebnisse einer Hauptkomponentenanalyse des digitalen Geländemodells. Die Auflösung des verwendeten GTOPO30 wurde auf 300" entsprechend ca. 10 km begrenzt. Mindestens 90% der Varianz der Topographie des Untersuchungsgebietes wurden mit 10 bis 18 Hauptkomponenten erklärt. Die Hauptkomponenten können als Reliefhaupttypen interpretiert werden, die das Relief in Form einer linearen, gewichteten Kombination von Basisformen wie Kuppen, Becken, geneigten Hangflächen, Satteln und komplizierteren Reliefformen beschreiben. Der Bezug zwischen beobachteten Klimawerten und Lage (Länge, Breite und Höhe) sowie Umgebungsrelief der Stationen (Hauptkomponenten) wird über eine multivariate schrittweise lineare Regression hergestellt.
Aus den Regressionsgleichungen wurde für jeden Rasterpunkt des digitalen Geländemodells ein Wert berechnet und an den Koordinaten der Beobachtungsstationen mit den beobachteten Werten verglichen. Eine geostatistische Analyse dieser Residuen mit manueller Ableitung der Variogrammparameter bildete den Ausgangspunkt für eine Interpolation der Residuen mit Hilfe ‚einfachen krigings' Die Addition von Regressions- und Residuenfeldern ergab das Endergebnis in Form von insgesamt 1440 monatlichen Rasterdatensätzen. Die Endauflösung der Datensätze mußte aus Gründen der verfügbaren Rechnerkapazität auf 0.25° begrenzt werden.

Ergebnisse

Vergleiche zwischen berechneten und beobachteten Werten ergaben, bezogen auf das Gebiet der VR China, monatliche Korrelationskoeffizienten von 0.628 - 0.814, 0.943 - 0.990 und 0.892 - 0.959 bzw. rms-Fehler von 17.2 - 83.2 mm, 1.5 - 1.8° C und 5.7 - 24.2 mm, jeweils für Niederschlag, Temperatur und PET. Die größten Abweichungen ergeben sich in Gebirgen, wo die stärksten Differenzen zwischen dem tatsächlichen Relief und der durch das DHM generalisierten Reliefabbildung auftreten.
Auf der Basis dieser monatlichen Rasterkarten wurden verschiedene klimatologische Kennwerte in Kartenform abgeleitet. Die Datensätze erlauben eine detailliertere regionale Analyse des Klimas als herkömmliche Isolinienkarten, auch kleinräumige expositionsabhängige Unterschiede, die meist auf den saisonal unterschiedlichen Anströmrichtungen der Monsune beruhen, sind erfaßt. Die Rasterkarten der PET geben zum ersten mal einen exakten Einblick in die räumliche und zeitliche Verteilung der potentiellen Evapotranspiration in China. Sie zeigen ausgeprägte räumliche Unterschiede mit maximalen jährlichen Verdunstungssummen von über 2000 mm in den Wüstengebieten Westchinas einerseits und ein ausgeprägtes Minimum um 600 mm im Bereich des Beckens von Sichuan. Obwohl in den saisonalen Veränderungen der PET der Einfluß der monsunalen Zirkulation nachzuweisen ist, besteht weder zur räumlichen Verteilung des Niederschlags noch zu der der Temperatur ein eindeutiger Zusammenhang.
Weitere Untersuchungen zur interannuellen Variation, ermittelt über den verteilungsunabhängigen Dezilabstand, bestätigen für den Niederschlag die Regel, daß die geringsten relativen Schwankungen in den Regionen mit den höchsten absoluten Niederschlägen in Südchina auftreten. Für die PET werden die höchsten Variationen in den Wüstengebieten beobachtet und Schwankungen ähnlichen Ausmaßes für die Hochgebirge prognostiziert, für die bis jetzt noch keine direkten Beobachtungen vorliegen. Die höchsten interannuellen Schwankungen der Temperatur sind auf dem Tibetischen Plateau zu beobachten, das gleichzeitig in den Wintern von 1951 bis 1990 die stärksten Temperaturabnahmen zu verzeichnen hatte. Gekoppelt mit Abnahmen des sommerlichen Niederschlags scheint das Tibetische Hochland einer der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Räume im Untersuchungsgebiet zu sein.

Anwendungsbeispiele

Als Beispiele für mögliche Anwendungen flächenhafter Klimadatensätze wurden zeitliche Veränderungen in thermisch definierten Anbauzonen Chinas und Modellierungen der landwirtschaftlichen Wasserbilanz mit Hilfe des Wasserbilanzmodells der FAO (Doorenbos und Kassam 1986) dargestellt. Mögliche Szenarien der klimatischen Verhältnisse im Jahr 2010 und 2030 wurden über die Trends der Monatsmittel und den Trends der interannuellen Variation abgeleitet. Auf Basis dieser Daten ergeben sich erheblich geringere Veränderungen in der Lage und Ausdehnung der Anbauzonen als auf der Basis von GCM-Daten (Markham 1992) vorhergesagt.

Resumee

Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, daß das verwendete Regionalisierungsverfahren auch für kontinentale Großräume mit erheblichen Höhenunterschieden, verschiedenen Klimazonen und für unterschiedliche Klimaelemente geeignet ist. Als Hauptproblem ergab sich, daß trotz der umfangreichen Klimadatenbasis auf eine Aufgliederung in klimatisch homogene Untergruppen verzichtet werden mußte, da die Mehrheit der daraus resultierenden Gruppengrößen für statistisch signifikante Lösungen nicht ausreichten. Bei einer separaten Bearbeitung der südwestchinesischen Gebirgsstationen wurden beim Niederschlag erheblich höhere Varianzerklärungsanteile erzielt als im vergleichbaren Ausschnitt der Gesamtlösung. Als weitere Verbesserung wäre ein Anomalienansatz in Form einer Regionalisierung der Differenzen der Zeitreihen gegenüber langjährigen Mittelwerten denkbar, um über die Integration der zahlreich vorliegenden zusätzlichen Stationen, zu denen nur Mittelwerte vorhanden sind, eine dichtere Stationsabdeckung des Untersuchungsgebietes zu erhalten. Auch der wünschenswerten Erhöhung der räumlichen Auflösung der Datensätze über den Bereich der heute verfügbaren digitalen Geländemodelle von ca. 1 km hinaus stehen keine methodischen Probleme entgegen, sie ist im wesentlichen von der vorhandenen Rechnerleistung abhängig.

Ausblick

Die Ergebnisse der Untersuchungen zu Klimavariabilität haben gezeigt, daß vor allem auch das Tibetische Hochland von klimatischen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten betroffen war. Das mit Kollegen des "Institute of Natural Resources and Geography" der Chinesischen Akademie bearbeitete Projekt Geoinformatic research on effects of climate and land cover change on the agriculture of the Qinghai-Tibet Plateau zielt darauf, Veränderungen im Landschaftshaushalt Tibets zu identifizieren und ihre Auswirkungen auf die Landwirtschaft zu quantifizieren. Dazu dient die Erweiterung der Klimadatenbasis um mehrere hundert Stationen im Bereich der Gebirge Südwest-Chinas und Tibets und die Verwendung des hochaufgelösten Geländemodells der ‚Shuttle Radar Topography Mission', dessen Bereitstellung sich allerdings ständig weiter verzögert. In Hinsicht auf die entscheidende Rolle, die das Tibetische Hochplateau für die Genese des asiatischen Monsuns und damit für das Klima Asiens insgesamt spielt, sind weitere Untersuchungen dieses Raums von besonderer Bedeutung. Die erfolgreiche Regionalisierung von Klimadaten mit der hier vorgestellten Methodik bildet dazu einen wichtigen Beitrag.

Veröffentlichungen:

2000 Spatial analysis of Penman-Monteith evapotranspiration trends over China.

  International Journal of Climatology 20, (4), 381 - 396. abstract

2000 Climatic changes in yield index and soil water deficit trends in China.

  Agricultural and Forest Meteorology 102, 71 - 81. abstract

2002 Integration von Methoden der Geoinformatik für die Klimaforschung: Relieforientierte Regionalisierung von Klimadaten Ostasiens.

  Geo-Informations-Systeme 12/2001, 16 - 21. abstract


Finanzierung: DFG
Laufzeit: 1999 - 2001