Auf
seltsame Art und Weise bin ich zu den runden Geburtstagen nie zuhause,
sondern immer irgendwo unterwegs. Im
November 1998 fand ich mich auf dem
Gornergrat wieder, um den angekündigten Leonidensturm zu sehen. Eine
große Gruppe an Beobachtern hatte sich zusammengefunden, aber die
Nächte waren mehr als durchwachsen und pünktlich am Tag vor dem
angekündigten Termin kam auch noch ein Hexenschuß dazu. So lag ich also
am Abend des 17.11. im Bett und war fast etwas beruhigt, daß der Himmel
bewölkt war. Gegen Mitternacht wummerte Otto (Guthier) plötzlich
an der Tür: 'Axel, komm raus, es ist klar!'. Mit zusammengebissenen
Zähnen stieg ich in die notwendigen 4 Lagen Kleidung und kroch den
kleinen Anstieg zum Beobachtungsplateau hinter dem Kulmhotel hinauf. An photographieren war
nicht zu denken und so verkroch ich mich in meinen Schlafsack - bei
-18°C ohne sich groß bewegen zu können eine Notwendigkeit.
Was folgte
war die unglaublichste Nacht ausschließlich visueller Beobachtung: von
Meteoren im Sekundentakt über Meteore, die wie auf einer Perlenschnur
aufgereiht simultan aufleuchteten bis zu Boliden, die für einen
Sekundenbruchteil die gesamte Alpengipfelflur wie mit einem
gigantischen Blitz beleuchteten! Keine Bilder, aber ein unglaubliches
Erlebnis.
Im folgenden der Eintrag aus meinem Beobachtungsbuch: Ab
Mitternacht heftige Aktivität, helle Feuerkugeln mit langen Schweifen,
oft leuchtend magenta oder grün, es regnet Meteore! Teilweise kommen
pro Sekunde ein Meteor, zwei sind so hell, daß ich für ein paar
Sekunden geblendet bin, oft werden die ganzen Berge mondhell
beleuchtet. Teilweise enden die Spuren hinter den Bergen und
beleuchten diese von hinten. Eine Gruppe von 10 gleichen Meteoren endet
im Formationsflug auf einer Höhe und zerplatzt gleichzeitig in
hell-violetten Feuerkugeln. Besonders die Helleren sind oft violett
oder magenta, zum Morgen hin schienen mehr Blau- und Grüntöne
vorzuherrschen. Nachleuchten ist häufig, mehrmals bleiben
langanhaltende Spuren, die sich im Höhenwind meist halbkreisförmig
verformen. Die Beobachter hinter mir arbeiten in Gruppen und rufen
laut die einzelnen Meteore aus, gegen 5h MEZ zählen sie über 200 pro 15
Minuten. In der Morgendämmerung bleiben nur noch Otto und Frank und
ich, selbst am hellen Himmel sind immer noch ständig helle Meteore und
Feuerkugeln zu sehen.
Der Mond geht mit dem aschgrau beleuchteten Teil
auf, dann sind die Hörnerspitzen zu sehen, während es weiter Meteore
regnet. Wir frühstücken im Kulmhotel und sehen ab und zu durch die
Fenster noch helle Leoniden.
Wir haben offensichtlich den Anstieg zum
Maximum erwischt, mit ca. 1000 Meteoren/Stunde und das ca. 14h vor
dem vorhergesagten Zeitpunkt.'