Totale Sonnenfinsternis
1991 in der Baja California
Totale
Sonnenfinsternisse sind eine ganz eigene Erfahrung. Mit fast 7 Minuten
Totalität war die Finsternis von 1991 nicht nur extrem lang (die drittlängste des 20. Jahrhunderts), sie
verlief auch durch klimatisch günstige Regionen, die unproblematisch zu
erreichen waren. Der Entschluß, nach Mexiko in die Baja California zu
fahren, wurde spontan auf der Violauer Planeten- und
Kometenbeobachtertagung 1990 gefaßt, dem Ausgangspunkt mancher Sonnenfinsternis- planung. Zusammen mit
einer Kommilitonin fuhr ich in einer bereits vorbereiteten Exkursion mit,
der zwei Mitfahrer kurzfristig abgesprungen waren. Für uns war die Reise zwar in
Hinsicht auf Landschaft und Astronomie, nicht aber zwischenmenschlich
in Hinsicht auf die beiden anderen Teilnehmer ein Erfolg...
Bei
durchgehend bestem Wetter fuhren wir per
Wohnmobil von Phoenix/Arizona über Tecate in die Baja
California bis nach Todos Santos an der Südspitze der Halbinsel. Die
Halbwüste war genauso beeindruckend wie das
astronomische 'Nebenprogramm': die phantastischen Sonnenuntergänge
durch den Vulkanstaub der Pinatuboexplosion und
die großartige Konjunktion von Jupiter, Mars, Venus, Merkur mit Mond
und Regulus, deren Tanz am Himmel wir über 3 Wochen jeden Abend
verfolgen konnten.
Bereits
mehrere Tage vor dem Finsternistermin kamen wir auf unserem Campingplatz unmittelbar am Pazifik an und konnten unsere Geräte
aufbauen. Meiner ersten totalen Sonnenfinsternis ging ich mit einem
Beroflex-Tele, dem damals ultimativen Sonnenfinsternisfilm Kodachrome 50 und einer
selbstgebauten Poncet-Plattform zu Leibe.
Pünktlich zum ersten Kontakt
begannen wir die akustische Untermalung, wie es sich für unsere
Generation gehört, mit Pink Floyd's 'Dark side of the moon'. Unsere
amerikanischen Nachbarn baten uns darum, die Musik auszuschalten, um
'die ungeheure spirituelle Ruhe dieses Augenblicks' nicht zu stören.
Genau die selben Nachbarn nervten uns dann während der
Totalität mit ihren schrillen 'Oh look at that!'-Schreien... Trotz aller Aufregung gelangen
alle 'Filter abnehmen' und 'die richtige Verschlußzeit zum richtigen
Moment'-Aktionen. 'Alle
Finsternisse dauern 2 Minuten' beschreibt ein Sprichwort die Erfahrung
des Verlusts des Zeitgefühls während der Totalität. Die meiste
Zeit wurde für's Photographieren aufgewendet, aber der Blick mit dem
Feldstecher in die Korona in der letzten Minute war umwerfend.
Die Sonnenfinsternis bot alles, was man erwarten kann: bei bestem Wetter
eine fast 7-minütige totale Phase mit einer ausgeprägten Maximumskorona
und schönen lachsfarbenen Protuberanzen.