Das
Shanghai-Observatorium nach dem 2. Weltkrieg
Nach Zweitem Weltkrieg und 'Kulturrevolution' dauerte es einige
Zeit, bis in Shanghai wieder astronomische Forschung betrieben wurde.
Eine Institutsreform in
den Achtziger Jahren vereinigte das Shanghaier Institut mit dem Purple
Mountain Observatorium in Nanjing. Damit versuchte China den Anschluß
an die internationale
Forschung mit modernen Teleskopen zu erreichen. Da die eigenen
technischen Fähigkeiten noch keine Eigenentwicklung erlaubten,
versuchten die chinesischen Institute, erfolgreiche ausländische
Fernrohre nachzubauen.
In
Shanghai wurde ein
modernes Kuppelgebäude unmittelbar neben dem Gebäude der
historischen Sternwarte aufgebaut - keine sinnvolle Standortwahl
angesichts des feuchten Küstenklimas mit nur 100 klaren Nächten
(Vollmondnächte inklusive). Finanzielle Unterstützung durch die
Akademie der Wissenschaften gab es aber nur für einen Sternwartenneubau in Nähe des
Institutsstandortes...
Das Teleskop ist ein 1.56m-Ritchey-Chretien-Reflektor, der eine
exakte Kopie des
61"-Teleskops
des USNO Observatory ist. Mit einem /f110-Cassegrain-Fokus war das
Teleskop besonders für Astrometrie vorgesehen. Die aussergewöhnlich
massive Montierung wurde durch das Institut in Shanghai, die Optik
durch das Institut in Nanjing erstellt.
Dass sich ein
'Nachbau' aber einfacher anhört als gesagt ist, konnte ich bei meinem
Besuch selbst erfahren: die fehlende Abdeckung
des Rektaszensionslagers (links unten im Vordergrund) zeigt, wo
die Techniker seit Wochen mit lecken Hydraulikleitungen und
versagenden Pumpen des hydrostatischen Lagers kämpften.
Eine andere Großbaustelle war die schleppende Detektorentwicklung aufgrund fehlender leistungsfähiger CCD-Chips.
Auf
der anderen Seite des Sternwartenhügels wurde ein 25m-Radioteleskop
errichtet. Damit wirkte die Sternwarte in mehreren internationalen
VLBI-Beobachtungen mit. Die unmittel- bare Nachbarschaft von
Landwirtschaft und 'High Tech' war (und ist) in China einer von
den offensichtlichen Widersprüchen des Landes.
Die Sternwarte war aber wie alle chinesischen Forschungseinrichtungen
in arger Bedrängnis. Im Rahmen der 'marktorientierten' Reformen
war allen Forschungsstellen kurzerhand der Etat halbiert worden mit der
Maßgabe, sich irgendwie andersweitig zu finanzieren. Deshalb mußten
promovierte Astrophysiker am Fuß des Sternwartenhügels unter anderem
einen Gemischtwarenladen betreiben...
Beim Rundgang durch die Institutsgebäude entdeckte ich in einem Seitenbau eine kleine solide 8"-Schmidtkamera
auf Gabelmontierung, die an der Sternwarte hergestellt worden war und
die man mir am liebsten gleich verkauft hätte. Später vermittelte ich
Phillip
Keller
einen Kontakt zur Sternwarte, um seine Schmidtkameraproduktion
auszubauen, was aber aufgrund von Problemen mit der Qualitätssicherung
mißlang.
Einen Einblick in den heutigen Stand gibt die
Webseite des Instituts.
Eine Bericht meines Besuches erschien auch in der Zeitschrift 'Stern und Weltraum'
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