Verdunstung:
die vergessene Größe im Wasserhaushalt der
Erde?
Niederschlag und
Verdunstung (Evapotranspiration) sind die beiden wesentlichen
Größen im hydrologischen Kreislauf der Erde. Das ist
erstaunlicherweise aber nur in Textbüchern so - im überaus
größten Teil aller Veröffentlichungen wird lediglich
über den Niederschlag
eine Abschätzung des Wasserhaushalts vorgenommen. Dort wo auf
Verdunstung Bezug genommen wird, werden oft genug veraltete
und
fehlerbehaftete, temperaturbasierte Methoden der
Verdunstungsabschätzung
verwendet.
Auch in der Diskussion um den Klimawandel 'findet Verdunstung
nicht
statt'. Das 4. IPCC verschwendet kaum mehr als eine Seite auf
das Thema
Verdunstung und bezieht sich in einer Fußnote zudem auf ein
veraltetes
physikalisches Konzept.
Tatsächlich
läßt sich aber fast überall auf der
Welt eine Abnahme der potentiellen Evapotranspiration beobachten (Roderick
et al. 2006) - auch im eigenen Arbeitsgebiet in Asien (Thomas
2000, Chen et al. 2006, siehe unten links).
Damit wäre aber nicht
die im Rahmen des
globalen
Klimawandels
prognostizierte Zunahme der
Aktivität des
hydrologischen Kreislaufs beobachtet worden, sondern
ein Indiz für das Gegenteil!
Abnahme der PET in Tibet, 1960-2000
Abnahme der Windgeschwindigkeit, Tujuksu-Gletscherstation,
1970-2007
Erschwerend für die
Bewertung des Beobachteten kommt hinzu,
daß die Verdunstung von mehreren meteorologischen Größen
(Einstrahlung,
Windgeschwindigkeit, Temperatur)
abhängt, deren Veränderungen selbst teilweise wenig bekannt
sind. So zeigt
eine
erste
Arbeit zur Veränderung der globalen
Windgeschwindigkeiten (McVicar, Roderick,
Thomas et al., in prep.
für Nature Geosciences)
in fast allen Regionen der Welt eine
Abnahme (ein Beispiel aus Kazachstan siehe oben rechts).
Auch in den
Gebirgen, den 'Wassertürmen' der Erde, sind Veränderungen
der Verdunstung eine bisher vollkommen unbekannte Größe. Für diese
für die Wasserversorgung großer Teile der Menschheit
wichtigen Regionen
liegen jetzt
erstmals für eine größere Anzahl an Stationen
Verdunstungsdaten vor, die mittels einer einheitlichen, physikalisch
basierten Methode (Penman-Monteith) gewonnen wurden.
Im Rahmen des CEOP-HE-Programms
(Mitglied im Steering
Committee) wird momentan eine Stationsauswahl
für ein
globales Hochgebirgs-Stationsnetz durchgeführt und ein darauf
basierender Science-Plan für Energie- und Massenbilanzstudien
in
Hochgebirgen
formuliert.
Das laufende Programm:
Ausarbeitung des Science-Plan
für Energie- und Massenbilanzstudien in Hochgebirgen
Organisation eines globalen Hochgebirgs-Stationsnetzes
(CEOP-HE)
Survey
der
Verdunstungsraten an Hochgebirgsstationen
ClimATlas
Initiative zur Visualisierung von Klimadaten in Hochgebirgen
Literatur:
Chen, S., Liu, Y. und Thomas, A., 2006. Climatic change on the Tibetan
Plateau: potential
evapotranspiration trends from 1961–2000. Climatic Change 76,
291–319.
Roderick, M.L., Hobbins, M.T. und Farquhar, G.D., 2009. Pan Evaporation
Trends and the Terrestrial Water Balance I. Principles and
Observations. Geography Compass 3.
Thomas, A., 2000.
Spatial analysis of Penman-Monteith evapotranspiration trends over
China. International Journal of Climatology 20 (4), 381 - 396.